Femizide in Berlin

Ella Nik Bayan

Alter: 40 Jahre
Wohnort: Berlin
Datum des Femizids: 14. September 2021
Ort des Femizids: Alexanderplatz

Am 14. September 2021 beging Ella Nik Bayan, geboren am 24.11.1980, einen Suizid, indem sie sich auf dem Alexanderplatz in Berlin selbst verbrannte.

Auch ihr Tod ist als Femizid zu verstehen, da es vermutlich äußere, geschlechtsspezifische Umstände waren, die sie zu dieser Tat drängten. Die Berliner Polizei schloss eine politische Motivation zwar aus, jedoch gibt es genügend Anhaltspunkte für eine politisch motivierte Tat. Bayan war eine Transfrau aus dem Iran. 2015 floh sie vor den gewaltvollen Umständen in ihrer Heimat nach Deutschland. Über den Ausgang ihres Asylverfahrens herrschte lange Zeit große Unsicherheit. Schließlich wurde dieser nach zwei Jahren abgelehnt. Ihre queere Identität und die damit einhergehende Gefahr durch eine Rückkehr in den Iran fanden darin keine Erwähnung. Ella klagte daraufhin gegen die Ablehnung und weitere 1,5 weitere Jahre vergingen, bis ihr Asylantrag anerkannt wurde.

In Magdeburg engagierte sie sich bei einem queeren Treff und in einem Sprachcafé für Geflüchtete. Zur gleichen Zeit mehrten sich rassistische sowie transfeindliche Diskriminierungen und Angriffe gegen die 40-Jährige. Sie nahm in dieser Zeit oft die Opferberatung des Miteinander e. V. wahr. Erst mit der Anerkennung ihres Asylantrags konnte sie mit ihrer Geschlechtsangleichung fortfahren. Vorher hatte sie keinen Anspruch auf medizinische Maßnahmen, die über eine Notfallversorgung hinausgingen. Als letzten Ausweg sah Ella Nik Bayan schließlich ihren Tod. Die Selbstverbrennung kann durch die Aufmerksamkeit, die es erzeugte, auch als Protestmittel angesehen werden. „Unsere Tode sind politisch”, fasste ein:e Redner:in auf der Trauerkundgebung knapp zusammen.

Neben dem Fakt, dass sie aufgrund ihres (trans) weiblichen Geschlechts und dem schwierigen Asylverfahren jahrelang anhaltenden Diskriminierungen ausgesetzt war, ist auch die Rolle eines männlichen Täters in der Definition eines Femizids nicht außer Acht zu lassen. Zwar nahm sie sich am Ende selbst das Leben, jedoch waren es die patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft, die diese Tat überhaupt möglich machten sowie etliche rassistische Hürden im deutschen Asylverfahren.

Es existieren zwei Gedenkstätten für Ella Nik Bayan: einer an dem Ort ihres Suizids am Alexanderplatz und einer auf dem Sozialistenfriedhof in Berlin-Friedrichsfelde, wo sie beigesetzt wurde. Außerdem findet jährlich zu ihrem Todestag eine Gedenkveranstaltung statt. Selbst nach ihrem Tod setzen sich transfeindliche Taten gegen sie und ihr Andenken fort. So wurden etwa Bilder ihres Leichnams verbreitet und ihr Grab mehrfach geschändet.