Lutherplatz

Spandau

Der Platz wurde vor 1980 nach dem Theologen und Reformator Martin Luther (1483–1546) benannt. Luther prägte die Verbreitung des christlich-motivierten Antijudaismus, indem er den radikalen Ausschluss von Juden und Jüdinnen aus der Gesellschaft forderte.

Der Theologe Martin Luther ist in der deutschen Geschichtsschreibung hauptsächlich durch den Anschlag der 95 Thesen im Jahr 1517 und die daran anschließende Reformation der christlichen Kirche bekannt. Nach Verbannung durch den Papst, übersetzte er auf der Wartburg bei Eisenach unter dem Decknamen Junker Jörg bis 1522 das Neue Testament ins Deutsche. Die Übersetzung des Alten Testaments folgte 1534. Umstritten ist Luther aber wegen seiner 1543 erschienenen judenfeindlichen Schrift “Von den Juden und ihren Lügen”, obwohl er sich 20 Jahre zuvor noch offen gegen die Verfolgung von Personen jüdischen Glaubens aussprach.

Luthers Judenhass

Der Judenhass von Martin Luther resultierte auf dem Glauben, dass das jüdische Volk Schuld an der Kreuzigung von Jesus Christus habe. Luther hoffte zunächst, dass eine erneuerte Kirche die Juden und Jüdinnen für den christlichen Glauben gewinnen werde. In seinen später erschienen Schriften vertrat er jedoch die Ansicht, dass die getauften Jüdinnen und Juden eine besonders große Gefahr darstellen. Er rief dazu auf Synagogen niederzubrennen, jüdischen Personen zu Zwangsarbeit zu verpflichten und jüdische Lehren zu verhindern. Zudem bediente er Verschwörungserzählungen, wie dass jüdische Ärzt:innen ihre (christlichen) Opfer langsam und unauffällig vergiften würden.

Luther und die Hexenverbrennung

Luther habe zudem nicht nur gegen Juden_Jüdinnen gehetzt, sondern,”[…] predigte die Verfolgung aufständischer Bauern, machte Frauen verächtlich, nannte Muslime ‘Diener des Teufels’ und forderte behinderte Kinder zu ertränken.”, so die Tageszeitung taz. Er habe zudem einen Teufels- und Hexenglauben vertreten und aktiv die Hinrichtung der Württembergerin Prista Frühbottin als “Hexe” befürwortet.

Antisemitistisch oder antijudaistisch?

Im “Lutherjahr” 2017 äußerte die Kirche immer wieder, dass Luther nur “antijudaistisch nicht antisemitistisch” gewesen sei und sich damit vom 19. Jahrhundert und der Zeit des Nationalsozialismus unterscheide. Die evangelische Kirche versuchte damit seine Erinnerungswürdigkeit zu rechtfertigen. Im Jahr 2014 erschien jedoch die Publikation “Luthers Juden” des Kirchenhistorikers Thomas Kaufmann, in der der Autor zu dem Ergebnis kommt, dass seine Ansichten über den Antijudaismus der Zeit hinausgingen. Seine Schrift nahm viele antisemitische Stereotype und Erzählungen voraus und wurde auch im Nationalsozialismus wieder aufgegriffen.

Stand der Umbenennung

Die Initiative „Prista-Frühbottin-Straßen-Team“ forderte im September 2020 die Umbenennung der Martin-Luther-Straße in Berlin-Schöneberg. Als Grund gab die Initiative dessen antisemitische und frauenfeindliche Haltung an. Prista Frühbottin war eine Württembergerin, die 1540 als “Hexe“ verbrannt wurde. Das so viele Straßen in Berlin nach Luther benannt sind, erklärt die Initiative mit dem Einfluss des preußischen Kaiserhauses, welches die evangelische Kirche als Staatskirche erklärte. Für das „Prista-Frühbottin-Straßen-Team“ käme die “Straße der Reformation” als neuer Name in Frage, da sie die Reformation als Denkrichtung verstehen. Die Rolle Luthers als Vertreter dessen, stehe für die Initiative allerdings in einem direkten Zusammenhang zu seiner Nähe zum preußischen Kaiserhaus und sei deshalb umzubenennen.
Die im September 2020 adressierten Parteien reagierten verhalten auf den Vorschlag. Nur Die Linke antwortete auf die Anfrage und verwies auf eine kritische Kommentierung, nicht aber auf eine Umbenennung.
Vertreter:innen der evangelischen Kirche äußerten sich gegen eine Umbenennung. Felix Sassmannshausen schlägt in seinem Dossier “Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen in Berlin” von 2021 eine Umbenennung vor.

Literatur

  • Bienert, Walther: Martin Luther und die Juden, Frankfurt am Main 1982.
  • Kauffmann, Thomas: Luthers Juden, Stuttgart 2014.
  • Sassmannshausen, Dr. Felix/ Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus (Hg.): Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen in Berlin. Berlin 2021.

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