Bodestraße (Bodemuseum)

Mitte

Die Straße wurde 1935 nach dem Kunsthistoriker und Museumsleiter Arnold Wilhelm Bode (1829–1845) benannt, der sich in Briefen offen antisemitisch äußerte und Mitglied der antisemitischen Deutschnationalen Volkspartei war.

Wilhelm Bode studierte Jura in Göttingen und Berlin, wo bereits sein Wunschberufsfeld – die Kunstgeschichte – Form annimmt. 1896 wechselte er nach seinem Staatsexamen in das Fach Kunstgeschichte über, wo er bereits ein Jahr später promovierte. Im Anschluss an sein Studium reiste Bode durch Dalmatien in Kroatien, Montenegro und Italien, wo er zahlreiche Museen, Kirchen und Ausstellungen besuchte. 1872 begann er seine Karriere bei den Königlichen Museen als Assistent der Sammlung der Skulpturen und Gispabgüsse sowie zeitweise in der Gemäldegalerie. 1883 wurde er Direktor der neu gegründeten “Abteilung der Bildwerke der christlichen Epochen” und ab 1890 Direktor der gesamten Gemäldegalerie. Bode empfand die Sammlungen im Alten Museum als unmodern und plante ein neues Museum, dass dann als Kaiser-Friedrich-Museum aufgebaut wurde. Bode beriet in ganz Europa Sammler:innen, die ihm im Gegenzug Werke für das noch junge Museum überließen. 1896 gründete Bode den Kaiser-Friedrich-Museumsverein mit Privatsammler:innen und Mäzenen als Mitglieder – die Hälfte der Mitglieder waren jüdische Personen. Der “Bismarck der Museen” wurde 1914 geadelt und war 15 Jahre lang (1905–1920) Generaldirektor der Königlichen Museen (heutige Museumsinsel).

Aufarbeitung von Bodes Antisemitismus

Trotz enger Kontakte mit jüdischen Sammler:innen äußerte sich Bode wiederholt in Briefen und in seinen Memoiren antisemitisch. 1924 trat Bode der rechtskonservativen Deutschen Volkspartei bei. 1956 wurde das von ihm gegründete Museum in Bode-Museum umbenannt.

Der heute noch existierende Kaiser Friedrich-Museums-Verein (KFMV) beschäftigte sich ab 2012 mit der Aufarbeitung der Vereinsgeschichte, insbesondere der nationalsozialistischen Vergangenheit. Im Dezember 2016 veröffentlichte der vom KFMV-Vorstand beauftragte Historiker Prof. Dr. Bernd Sösemann seine Broschüre “Im Zwielicht bürokratischer ‘Arisierung‘ – Der Kaiser Friedrich-Museums-Verein in Berlin und seine jüdischen Mitglieder in der NS-Diktatur”. Hier findet sich auch eine Untersuchung der antisemitischen Aussagen Bodes.

Deutsche Orientpolitik

Neben den antisemitischen Äußerungen Bodes, muss auch die Verstrickung der Museen in die Deutsche Orientpolitik betrachtet werden. 1897 rückte das Osmanische Reich immer mehr in den Fokus der deutschen KolonialpolitikKolonialismusDer Begriff Kolonialismus bezeichnet ein auf Erwerb und Ausbau von Kolonien gerichtete Politik unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen, militärischen und machtpolitischen Nutzens für das Mutterland bei gleichzeitiger politischer Unterdrückung und wirtschaftlicher Ausbeutung der abhängigen Länder und Völker.. Es wurde ein “informeller Kolonialismus” angestrebt, dessen Ziel die wirtschaftliche Durchdringung des “Orients” darstellen sowie die Etablierung einer weltpolitischen deutschen Vormachtstellung. Parallel wurden archäologische Ausgrabungen im Osmanischen Reich von staatlicher Seite gefördert und begrüßt. Es sollten bedeutende Monumente nach Berlin gebracht werden und so die Macht des Kaiserreichs und Rolle Deutschlands als “Kulturnation” dargestellt werden.

Frankreich und Großbritannien besaßen auf diesem Gebiet durch Grabungen in Nordmesopotamien einen Vorsprung. Die Berliner Museen standen somit in direkter Konkurrenz zum Louvre und dem British Museum. Wilhelm von Bode begann, eventuell angestoßen durch den Wunsch Kaiser Wilhelms II. (1859–1941), eine neue selbstständige frühchristlich-byzantinische Abteilung an den Berliner Museen aufzubauen, die 1904 eröffnet wurde. Angekauft werden sollten die Werke im Osmanischen Reich, wo die Berliner Museen seit 1878 schon mehrere Ausgrabungen hatten. Da Bode krankheitsbedingt nicht selbst reisen konnte, beauftragte er seine Mitarbeiter Wilhelm Vöge (1868–1952), Josef Strzygowski (1862–1941) und den Archäologen Theodor Wiegand (1864–1936) Kulturgüter für die Berliner Sammlung anzukaufen. Vöge schloss 1899 das geheime Teilungsabkommen zwischen mit dem Osmanischen Reich ab, was die Berliner Museen ermächtigte die Hälfte, statt des legalen Drittels, der Grabungsfunde zu behalten. Zahlreiche Ankaufs- und Ausfuhrpraktiken gelten im heutigen Kontext kritisch, da die Ausfuhr und der Verkauf von Antiken eigentlich verboten und das Osmanische Reich somit finanziell von Deutschland abhängig war. In Briefen der Museumsmitarbeiter und Bode finden sich Hinweise, die die Rolle Bodes bei der Aneignung von Kulturgütern hervorheben.

Literatur

  • Brisch, Klaus: Wilhelm von Bode und sein Verhältnis zur Islamischen und Ostasiatischen Kunst, in: Jahrbuch der Berliner Museen, 1996, 38. Band, S. 33-48.
  • Gottschlisch, Jürgen/ Zaptcioglu-Gottschlich, Dilek: Die Schatzjäger des Kaisers. Deutsche Archäologen auf Beutezug im Orient. Berlin 2021.
  • Pabstmann, Sven: Vöges Reise ins Osmanische Reich. Die Erwerbungspolitik der Berliner Museen um 1900 im Spiegel der Korrespondenz Wilhelm Vöges mit Wilhelm von Bode, in: Helten, Leonard/ Hubert, Hans W./ Peters, Olaf/ Siebert, Guido (Hg.): Kontinente der Kusntgeschichte. Der Kunsthistoriker Wilhelm Vöge (1868–1952), Halle (Saale) 2019, S. 154-200.
  • Saalmann, Timo: Kunstpolitik der Berliner Museen 1919–1959, Berlin 2014.
  • Sassmannshausen, Dr. Felix/ Ansprechpartner des Landes Berlin zu Antisemitismus (Hg.): Straßen- und Platznamen mit antisemitischen Bezügen in Berlin. Berlin 2021.
  • Sösemann, Bernd: Im Zwielicht bürokratischer ‚Arisierung‘“. Der Kaiser Friedrich- Museums-Verein in Berlin und seine jüdischen Mitglieder in der NS-Diktatur, abrufbar im Internet: URL: https://kaiser-friedrich-museumsverein.de/wp-content/uploads/Soesemann_2016.pdf?iframe=true.pdf, 28.03.2022.
  • Winter, Petra: Klartext. Zur Geschichte des Bode-Museums, abrufbar im Internet: URL: https://www.smb.museum/fileadmin/website/Museen_und_Sammlungen/Bode_Museum/Ausstellungen/Klartext/PDF/Klartext_Infoblatt_11_Wilhelm_von_Bode_SMB_BM_deutsch.pdf, 28.03.2022.

Zur Karte Zum Verzeichnis