Interview mit Paula Rosenheimer

Nur zusammen kann man viel erreichen

Der Verbund Amaro Drom arbeitet speziell mit Jugendlichen und erforscht mit ihnen den Berliner Stadtraum. Wir haben die Projektkoordinatorin Paula Rosenheimer zum Gespräch getroffen

Was macht euer Verein Amaro Drom? 

Unser Name “Amaro Drom” ist aus dem Romanes und bedeutet “unser Weg”. Wir sind ein Bundesverband und eine Jugend-Selbstorganisation, die von Roma gegründet wurde, sich aber auch an Nicht-Roma richtet. Unser Themenschwerpunkt ist Antiziganismus, das heißt Rassismus speziell gegen Roma und Sinti, aber auch gegen Personen, die als solche gelesen werden. Wir machen dahingehend Bildungsarbeit und haben verschiedene Jugendgruppen in verschiedenen Bundesländern, ich glaube aktuell acht oder neun Gruppen in sechs Bundesländern.

Wie kam es zu dem Förderprojekt „Amen tumenca ko Berlin“? 

Der Name ist ebenfalls Romanes und heißt so viel wie: “Wir mit euch in Berlin”. Das ist das erste Projekt, was auf Berlin fokussiert ist und alle jungen Berliner:innen im Alter von 18-30 Jahren anspricht.

Was war euer Anliegen mit dem Projekt? 

Wir wollten unsere Community öffnen und den Fokus nicht nur auf Roma sondern auch auf andere Geflüchtete und Menschen, die einfach Lust haben sich auszutauschen, legen. Außerdem haben wir festgestellt, dass viele Jugendliche sich kaum mit der Stadt Berlin identifizieren und wie es halt in Berlin ist, kaum aus dem eigenen Kiez rauskommen. Deswegen wollten wir ein Projekt gründen, wo Jugendliche sich treffen und gemeinsam die Stadt erkunden können.

Wie sieht das konkret aus?

Es gibt verschiedene Maßnahmen, zum Beispiel unsere Stadterkundungen. Da fahren wir in die verschiedenen Bezirke von Berlin und versuchen die Stadt alternativ zu entdecken und aus anderen Augen zu sehen – alternativer, migrantischer, feministischer und nicht wie man es vielleicht auf einer Schulklassenfahrt kennenlernen würde.

Das Projekt läuft über drei Jahre? 

Genau, es hat im April 2022 begonnen und läuft bis Ende des Jahres, also knapp 3 Jahre. Am Ende des Projekts soll eine digitale Karte als Wissens- und Informationsplattform entstehen, wo wir die Routen einzeichnen. Diese Karte soll für alle öffentlich zugänglich sein. Die Idee ist: Wenn jemand neu nach Berlin kommt, könnte man da schauen, welche Vereine bieten welche Angebote an, wie kann man sich politisch weiterbilden und wo treffen. Das soll ein digitaler Ort werden, wo die Jugendlichen ihre Lieblingsorte eintragen können.

Sind das über den gesamten Zeitraum die gleichen Jugendlichen?

Das war so geplant, aber es ist sehr schwierig, Teilnehmende über einen so langen Zeitraum zu binden. Wir haben eine Whatsapp Gruppe mit 13-14 Jugendlichen beziehungsweise jungen Erwachsenen, die immer mal wieder kommen.

Was meinst du, woran liegt es, dass es so schwierig ist, viele Jugendliche  zu erreichen? 

Man muss versuchen, das nicht persönlich zu nehmen. Das Angebot in Berlin ist einfach sehr groß, wir versuchen Leute direkt anzusprechen. Meine Erfahrung ist, dass Mund-zu-Mund-Propaganda am besten funktioniert.

Ein Teil eures Programms sind diese Stadttouren, was macht ihr noch? 

Wir haben Kennenlern-Wochenenden am Jahresanfang gemacht, falls neue Menschen hinzukommen. Die waren eher spielerisch. Dann folgen vier Workshops im Jahr zu ziemlich unterschiedlichen Themen. Wir haben angefangen mit “Was ist Diskriminierung?”, “Welche Arten gibt es?”, “Was ist der Unterschied zu Rassismus?”, aber auch “Was ist Antiziganismus, Antisemtismus und antimuslimischer Rassismus?” Letztes Jahr hatten wir auch das Thema Dekolonisierung oder Wohnungslosigkeit. Das Thema Flucht und Migration spielt auch oft eine Rolle, gerade weil wir einige junge Menschen im Projekt haben, die selbst aus Syrien geflüchtet sind. Und natürlich ist die Berliner Geschichte ein Thema. Wir haben zum Beispiel das Stasi-Museum besucht und eine Tour zur ehemaligen Berliner Mauer gemacht.

Werdet ihr das Projekt weiter fortsetzen?
Theoretisch ja, wir versuchen eine Berlin-Gruppe in unsere Vereinsarbeit einzubauen.

Sind euch Orte aufgefallen, die im Berliner Stadtraum fehlen, nicht nur auf die Erinnerungskultur bezogen.

Es gibt sehr viele Jugendeinrichtungen und -verbände, aber die müssten sich mehr zusammenschließen. Nur zusammen kann man viel erreichen. Es müsste mehr Orte für die gegenseitige Sensibilisierung von Gruppen geben.

Interview als Podcast

Eine Hörversion des Interviews ist beim Podcast AmaroCast erschienen.

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