Reiterstandbild von Kurfürst Friedrich Wilhelm

Charlottenburg

Vor dem Schloss Charlottenburg steht seit 1951 das Reiterstandbild von Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620 – 1688), der 1682 die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie (BAC) gründete und damit den transatlantischen Sklavenhandel förderte.

Der preußische Kurfürst Friedrich Wilhelm, oder auch der “Große Kurfürst”, ist im kollektiven, deutschen Gedächtnis für den Westphälischen Frieden 1648 und das Edikt von Potsdam 1685 bekannt – Ereignisse, die den finanziellen und politischen Aufstieg Brandenburg-Preußens markieren. Zusätzlich wurde aber 1682 auf seinen Wunsch die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie (BAC) in Berlin gegründet, die im transatlantischen Sklavenhandel mitwirkte. Ferner  diente die nach ihm benannte Festung “Groß Friedrichsburg” an der Küste des heutiges Ghanas, der BAC von 1683 – 1717 als Sklavenumschlagplatz.

Der “Dreieckshandel”

Hierzu wurden von Europa aus mit Schiffen Waffen, Stoffe und Alkohol zur westafrikanischen Küste gebracht, wo die Ladung gegen Menschen “getauscht” wurde. Diese Sklaven wurden durch lokale Zwischenhändler gewaltvoll aus dem Landesinneren an die Küste verschleppt, wo sie dann an die europäischen Geschäftspartner verkauft und in die Kolonien in Nord- und Südamerika sowie der Karibik gebracht wurden. Von den karibischen und amerikanischen Kolonien wurden dann Baumwolle, Rohrzucker, Rum sowie andere Erzeugnisse aufgeladen und zurück nach Europa gebracht. Diese menschenverachtende Ausbeutung afrikanischer Menschen wurde in Europa ein fester Teil des ökonomischen und politischen Systems und war der maßgebliche Grund für den Wirtschaftsboom und den neuen Wohlstand im 17. Jahrhundert. Durch die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie wurden nach Schätzungen um die 17.000 Afrikaner:innen verschleppt.

Unter dem Nachfolger Friedrich Wilhelms, Kurfürst Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I., entwickelte sich die BAC zur Brandenburgisch-Afrikanisch-Amerikanischen Compagnie (BAAC), um sich verstärkt am atlantischen Versklavungshandel zu beteiligen. 1717 gab König Friedrich I. wegen des ausbleibenden Profits die BAAC auf. Die Compagnie galt aber im 19. Jahrhundert als Vorbild und Legitimation für den KolonialismusKolonialismusDer Begriff Kolonialismus bezeichnet ein auf Erwerb und Ausbau von Kolonien gerichtete Politik unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen, militärischen und machtpolitischen Nutzens für das Mutterland bei gleichzeitiger politischer Unterdrückung und wirtschaftlicher Ausbeutung der abhängigen Länder und Völker. des Kaiserreiches.⁠⁠

Kurfürst Friedrich III. war es auch, der 1696 den Hofbaumeister Andreas Schlüter mit dem Entwurf für das Reiterstandbild beauftragte. Die Bronze von 1707 zeigt den Begründer der brandenburgischen, kolonialen Bestrebungen als mächtigen Feldherr und Herrscher in einem antikisierenden Panzer und mit zeitgenössischer Allongeperücke. Dazu trägt er in der Rechten den Kommandostab und in der Linken ein Zepter. Zu diesem Eindruck tragen auch die Reliefs auf dem weißen Marmorsockel bei. An der rechten Seite ist eine allegorische Darstellung des Kurfürstentums zu sehen, umgeben von der Personifikation der Spree, der Geschichtsschreibung und dem Frieden mit dem Plan der Langen Brücke vor dem Berliner Schloss. An der linken Seite befindet sich ein Relief mit einer Personifikation des Königtums vor der Verkörperung des Glaubens, Herkules, der die Stärke symbolisiert und des Mucius Scaevola als Symbol der Tapferkeit. An den vier Ecken des Sockels finden sich vier in Ketten gelegten Skulpturen, Allegorien besiegter Feinde Brandenburgs: Schweden, Frankreich, das Osmanische Reich und Polen.⁠⁠

Objektgeschichte

Das Reiterstandbild hatte nicht immer seinen Platz vor dem Charlottenburger Schloss. 1709 wurde es erstmalig auf der ehemaligen Langen Brücke, der heutigen Rathausbrücke, mit Achsenbezügen zum Berliner Schloss, dem altem Dom und dem altem Marstall aufgestellt. 1943 wurde das Standbild nach Ketzin im Havelland gebracht, um Kriegsschäden zu entgehen. Beim Rücktransport 1946 versank das Denkmal allerdings im Tegeler See, da die Spreekähne in deren Mitte es vertäut worden war, unter dem Gewicht zu Bruch gingen. 1950 konnte die Bronze geborgen und restauriert werden. Der Senat von West-Berlin beschloss das Monument nicht, wie verlangt, an den Sowjetischen Sektor auszuliefern, da dort kurz zuvor das Berliner Schloss mit dem Großteil der kostbaren, künstlerischen Ausstattung gesprengt worden war. Stattdessen wurde zur Eröffnung der Berliner Festwochen 1951 das Denkmal im Ehrenhof des Schlosses Charlottenburg aufgestellt. Die nach der Wende angestellten Überlegungen das Standbild wieder an seinen ursprünglichen Platz aufzustellen, wurden vom Denkmalamt mit dem Argument verworfen, dass die Rathausbrücke durch die Schloss-Sprengung ihren Originalcharakter verloren habe, während der Ehrenhof des barocken Schloss Charlottenburg einen authentischeren Kontext besäße. Der Sockel selbst ist mittlerweile eine Kopie. Das Original befindet sich heute im Bodemuseum.

Literatur

Ogette, Tupoka: Exit Racism. rassismuskritisch denken lernen

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