Lansstraße
Dahlem
Die Lansstraße wurde um 1906 nach Wilhelm von Lans (1861 – 1947) benannt. Von 1898 bis 1901 war Lans Kommandant des deutschen Kanonenbootes „S.M.S Iltis“, welches am 17. Juni 1900 die Taku-Forts (heutige Umschrift: Dagu-Forts) der Hafenstadt Tianjin im Yihetuan-Aufstan (sog. Boxeraufstand) in China beschoss. Die Lansstraße erinnert zusammen mit der Iltis- und Takustraße an dieses Ereignis.
Wilhelm von Lans (1861 – 1947) besuchte von 1870 bis 1878 Kadettenhäuser in Bensberg und Berlin. Im Jahr 1878 trat Lans der kaiserlichen Marine bei. Zunächst Leutnant zur See, wurde er 1894 Zweiter Leutnant des Linienschiffs „S.M.S. Kurfürst Friedrich Wilhelm“ und 1895 schließlich zum Admiralstab der Marine kommandiert. Als Korvettenkapitän des deutschen Kanonenbootes „S.M.S Iltis“ fuhr Lans am 6. Februar 1899 nach Ostasien und erreichte im Mai 1899 Tianjin.
Mit dem Ziel China schrittweise zu kolonisieren und die Abwicklung des Handels zu vereinfachen, hatte das Deutsche Reich in China Häfen gepachtet. Seit 1897 war die Hafenstadt Tianjin wichtigster Flottenstützpunkt des Deutschen Reichs. In den Folgejahren kam es aufgrund christlicher Missionierung und dem Versuch der Industrialisierung Chinas zunehmend zu Konflikten zwischen China und den europäischen Großmächten (England, Frankreich, Russland, Österreich, Italien, Deutsches Reich) sowie den USA und Japan. Um sich gegen die Kolonialmächte zu wehren, gründete sich der chinesische Geheimbund der „Boxer“, welcher die Autonomie Chinas anstrebte.
Im Frühsommer 1900 griffen die Unruhen aus dem Nordwesten Chinas auf weitere Landesteile über. Auch das internationale Gesandtenviertel in Peking wurde belagert und beschossen. Daraufhin versuchten die Marineeinheiten der Großmächte am 17. Juni 1990 die Taku-Forts gänzlich einzunehmen. Als am 20. Juni 1900 der deutsche Gesandte Clemens Freiherr von Kettler (1853 – 1900) ermordet wurde, beschlossen die Kolonialmächte auf Anlass von Kaiser Wilhelm II. (1859 – 1941) gemeinsam gegen die „Boxer“ vorzugehen und forderten weitere militärische Truppen als Verstärkung aus Europa an. Nach wenigen Wochen war der Krieg entschieden. Die Kolonialmächte konnten die Taku-Forts erobern, damit die See- und Landwege nach Peking kontrollieren und den sog. Boxeraufstand beenden. Da die militärischen Auseinandersetzungen vorüber waren, führten die nach gekommenen Truppen der Kolonialmächte im Landesinneren „Strafexpeditionen“ durch, bei denen zahlreiche Revolutionäre hingerichtet, Zivilisten getötet sowie Dörfer geplündert und niedergebrannt wurden. Das am 7. September 1901 unterzeichnete „Boxerprotokoll“ sicherte zwar den Frieden zwischen China und den Kolonialmächten, die Handlungsfähigkeit Chinas wurde jedoch langfristig durch die darin vereinbarten hohen Reparationszahlungen eingeschränkt.
Bei den Bombardierungen der Taku-Forts wurde der Korvettenkapitän Wilhelm von Lans schwer verletzt. Kaiser Wilhelm II. zeichnete den Korvettenkapitän daraufhin mit dem Orden „Pour la Mérite“ aus. Nach seiner Rückkehr ins Deutsche Reich 1901 nahm Lans den Dienst als Admiralstab der Marine in Kiel auf. Am 16. Juni 1913 wurde er in den erblichen Adelstand erhoben. Aufgrund der durch die Verletzungen ausgelösten Spätfolgen ging Lans jedoch 1915 in den Ruhestand.
Die Person Lans erinnert an den sog. Boxeraufstand und ist in Zusammenhang mit der imperialistischen Expansion der Großmächte, insbesondere mit der deutschen KolonialpolitikKolonialismusDer Begriff Kolonialismus bezeichnet ein auf Erwerb und Ausbau von Kolonien gerichtete Politik unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen, militärischen und machtpolitischen Nutzens für das Mutterland bei gleichzeitiger politischer Unterdrückung und wirtschaftlicher Ausbeutung der abhängigen Länder und Völker. in China zu betrachten.
Stand der Umbenennung
Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf brachte im Jahr 2011 eine Informationstafel an der Kreuzung Iltis- und Lansstraße an, welche über die historischen Ereignisse des sog. Boxeraufstands aufklärt und die Rolle des Deutschen Reichs in Bezug dessen kritisch hinterfragt. Die dort ansässige Freie Universität Berlin und Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung fordern seit Jahrzehnten die Umbenennung der Straßen. Der Verein „Eine Welt Stadt Berlin“ spricht sich darüber hinaus dafür aus, „dass Personen des chinesischen Widerstandes gegen die Großmächte und gegen rassistischeRassismusDer Begriff Rassismus lässt sich als ein Diskriminierungsmuster und Ausdruck gesellschaftlicher Machtverhältnisse beschreiben. In modernen Gesellschaften sind es vor allem kulturelle Merkmale, über die Menschen abgewertet und ausgeschlossen werden. Das hat Auswirkungen auf die Wahrnehmung von Chancen und die Möglichkeiten der gesellschaftlichen Integration der Betroffenen. und koloniale Strukturen geehrt werden“ sollen.